Im Zusammenhang mit Veränderung ist häufig von Angst und Widerstand die Rede. Warum das so ist und was stattdessen (auch noch) thematisiert werden sollte – lesen Sie einfach weiter…

Bitte prüfen

Prüfen Sie doch mal bitte die folgenden fünf Rechenaufgaben und resümieren Sie dann:

15 + 7 = 22; 6 x 7 = 42; 24 : 8 = 3; 37 – 9 = 29; 27 – 11 = 16

Neun von zehn Leserinnen und Leser (mindestens!) werden sicher gedacht haben: „Ey, ein Fehler!“ Nur sehr wenigen wird als Erstes eingefallen sein: „Prima, vier Aufgaben richtig gelöst.“ Zu dieser Minderheitengruppe dürften in der Regel (und hoffentlich) Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen gehören. Denn bei ihnen kommt es darauf an, durch positive Rückmeldung – vier Richtige – Selbstwert und Motivation der vor ihnen sitzenden Kinder zu stärken. Den meisten anderen ist irgendwann im Laufe ihrer Sozialisation diese Einstellung, das Positive zu betonen, verloren gegangen. Okay, einige haben diese vielleicht nie gehabt …

Die Renner: Angst und Widerstand

Werfen wir einen Blick in Bücher, Workshopagenden oder Change-Fortbildungen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit taucht dort ein Punkt auf, der da heißt „Umgang mit Ängsten“ oder „Widerstand in Veränderungsprozessen“. Implizit geht es darin in erster Linie um die Angst und den Widerstand der anderen, vorzugsweise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn es gilt ja, diesen die Angst zu nehmen und ihren Widerstand abzubauen. Und nur selten werden von Führungskräften die eigenen Befürchtungen und Widerstandsmomente gegen eine Veränderung thematisiert. Nun ja, aus Führungssicht ist es auch einfacher, wenn das Problem nicht bei mir selbst liegt, sondern beim Gegenüber. Dann lässt sich einfach einfacher führen…

Angst ist eine von vielen Emotionen. Und es ist zunächst einmal unverständlich, warum gerade diese Emotion bei Veränderungen so nach vorn geschoben wird (mit ihrem Kompagnon, dem Widerstand). Außer: Wir sind so gestrickt, dass wir Positives eher übersehen und Fehler betonen – siehe oben. Da hilft es doch, die eigenen Perspektiven zu erweitern. Was übrigens eine der zukünftig immer relevanter werdenden Führungskompetenzen ist.

Fünf Emotionen

Philip N. Johnson-Laird, einer der führenden Denkpsychologen unserer Zeit, hat Ende der 1980er Jahre gemeinsam mit Keith Oatley die folgenden fünf Basisemotionen bestimmt:

  • Traurigkeit – über das Verfehlen (oder die Unmöglichkeit) eines Ziels
  • Freude – über das Erreichen eines Ziels
  • Ärger – über den Frust bei der Verfolgung eines Ziels
  • Ekel – vor der Verletzung eines Geschmacksziels
  • Angst – vor der Bedrohung eines Selbsterhaltungsziels

Die Reihenfolge habe ich nicht zufällig gewählt. Während die ersten beiden Emotionen ex post auftreten, tritt Ärger während des Handelns auf. Und die beiden letztgenannten Emotionen sind stärker internalisiert, sie betreffen Ästhetik und Selbstkonzept jedes Einzelnen. Mit denen umzugehen dürfte Außenstehenden, solange sie nicht psychologisch geschult sind, schwerer fallen als mit den drei zuerst Genannten.

FÄT-Führung: Der Umgang mit Freude – Ärger – Traurigkeit

Also machen wir es uns als Führung (von wem auch immer: den Beschäftigten, den Kindern, dem Maskenverweigerer an der Supermarktkasse) doch einfach einfacher: Gehen wir wesentlich aktiver auf die drei Emotionen ein, die zielbezogen sind. Das ist doch mal endlich eine andere Interpretation von ‚Management by objectives‘.

Emotionen, Selbstaussagen und Führungsaussagen im Change

Lassen Sie Angst und Widerstand mal für eine Zeit los. Fokussieren Sie Ihr Führungshandeln auf die drei Emotionen, die Sie direkter beeinflussen können. Das sollte auch bei Ihnen Freude hervorrufen.

Ich wünsche Ihnen erfreuliche Erfahrungen dabei.

Frank Wippermann

Bild: pixabay, Alexas_Fotos
https://pixabay.com/de/photos/emotionen-gef%C3%BChle-smilies-freude-4846021 (01.04.2021)