Wirksamkeit erzeugen im Change Management. Holen Sie sich hier Anregungen dazu.

Wir wollen doch, dass wir was erreichen, oder?

Wenn etwas wirkt, können wir das in der Regel spüren, beobachten oder messen. Das kann emotional sein („Ich fühle mich besser.“) oder rational („Wir haben eine Steigerung um 10% erzielt.“). Gerade in komplexen Veränderungsprozessen lässt sich die Wirkung einer Maßnahme aber nicht immer sofort erkennen. Und dann entsteht oft der Eindruck, dass sich nichts tut oder das Projekt festgefahren ist.

Ein Beispiel: Ein produzierendes Unternehmen stellt fest, dass der Prozess von der Forschung und Entwicklung bis hin zur Auslieferung der Produkte zu langsam ist. Kunden beschweren sich über zu lange Lieferzeiten und -verzögerungen. Die Idee, dem Ganzen mit einem Change-Projekt auf den Zahn zu fühlen und Lösungen zu finden, findet schnell Mitstreiterinnen und Mitstreiter.

Klar, am Anfang des Projektes ist die Motivation groß, doch die Prozessanalyse dauert lang, die verschiedenen Abteilungen geraten in lange Auseinandersetzungen, wer nun für welche Störungen im Prozess verantwortlich ist. Und dann wird darauf verwiesen, dass man selbst gar keinen Einfluss hat, das liege an Problemen bei den Zulieferern usw. Dann kommt eine neue Lösung ins Gespräch. Die technischen Schnittstellen sollen verringert werden, Digitalisierung und KI soll helfen. Doch die Entwicklung dieser Lösung dauert lange und ist mit Schwierigkeiten behaftet. Die Motivation für das Projekt lässt immer mehr nach. Die Hindernisse überwiegen und so geht mehr als ein Jahr ins Land.

Tipp an Change Manager: Machen Sie Erfolge sichtbar

Der Eindruck, dass nichts passiert ist, trügt meist und erste – wenn auch kleine – Erfolge sind den Beteiligten einfach nicht bewusst. Behalten Sie also im Auge, wann und wie die Wirksamkeit eines Vorhabens sichtbar machen können. Und das können übrigens auch andere Erfolge sein als die, die sie ursprünglich erwartet hatten. Denn: nicht alle Komplikationen lassen sich bei komplexen Vorhaben vorausberechnen. Es kann immer wieder Nebeneffekte geben, die im Laufe der Umsetzung eines Change-Vorhabens überraschend auftreten. Auch eine vorherige Schulung und eine Projektgruppe, die z.B. per Scrum an dem Thema arbeitet, kann nicht alle Effekte vorhersehen.

Erfolge sichtbar machen lohnt sich: Wenn Menschen erleben, dass etwas funktioniert, dass es erste Schritte einer Verbesserung gibt, dann wissen alle, dass der richtige Weg eingeschlagen wurde und haben Lust, weiterzumachen. Auch, wenn man vielleicht das ein oder andere Vorgehen justieren muss.

Nutzen Sie die flow turn map

Schauen Sie bei Ihrem Veränderungsvorhaben auf unsere flow turn map. An welcher Stelle ist der größte Schmerz, die größte Lücke: Ist einiges unklar oder ist die Akzeptanz für das Vorhaben zu gering? Müssen Sie also an dem Abbau von Unklarheiten arbeiten, an der Akzeptanz oder doch eher daran, erste Wirkungen sichtbar zu machen? Mit Hilfe des flow change navigators können Sie prüfen, ob für Ihr eigenes Veränderungsvorhaben das Thema „Wirksamkeit erzeugen“ der aktuell wichtigste Hebel ist.

Mit diesen 7 Fragen kreisen Sie das Problem bei mangelnder Wirksamkeit ein

Diese Fragen können helfen, herauszufinden, was getan werden muss, um Wirksamkeit zu erzeugen.

  • Was sind mögliche erste Erfolge – und woran machen Sie sie fest?
  • Wie kann das Neue eingeführt und unterstützt werden?
  • Wie reagieren Sie auf die zusätzlichen Anstrengungen der Mitarbeiter?
  • Wie integrieren Sie die Personen, die nicht direkt in die Veränderung einbezogen sind?
  • Wie erkennen und handhaben Sie unerwartete Ereignisse und Erwartungen?
  • Wie werden die Ressourcen eingesetzt und kontrolliert?
  • Wie gehen Sie auf Unsicherheit bei ersten Praxiserfahrungen ein?

Methode: Häppchen statt Brocken

Eine Möglichkeit, damit die Wirksamkeit schneller in den Blick kommt, ist die Methode „Häppchen statt Brocken“. Und das ist schon mehr als eine Methode, das ist auch eine Haltung.

Zum Beispiel beim Einstieg in ein Veränderungsvorhaben: Mit welchen ersten einfachen Schritten können Erfolge erfahrbar gemacht werden? Oder in der Beteiligung: Wer kann die Rolle bekommen, Dinge ausprobieren zu dürfen und als wichtiger Impuls- und Feedback-Geber zu wirken? Natürlich auch in einer Begrenzung des Vorhabens, z.B. die pilotweise Einführung in einem einzigen Bereich, einzigen Produkt oder begrenzten Ablauf.

Erfolge transparent machen: Bauen Sie auf persönliche Berichte

Oft hören nur wenige Personen von den Erfolgen, z.B. bei einer Präsentation vor dem Management-Board oder in einer Diskussion in der Projektgruppe. Halten Sie die Wirkungen von einzelnen Maßnahmen fest und kommunizieren Sie diese möglichst breit. Zum Beispiel durch Berichte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in einer Projektkonferenz oder Tagung. Übertragen auf unser Beispiel: Wie haben wir den Prozess durch das wöchentliche Abstimmungstreffen beschleunigt oder Missverständnisse ausgeräumt oder Informationen untereinander besser ausgetauscht? Oder jemand berichtet, wie er oder sie mit einem Lieferanten zu einer neuen Vereinbarung kommen konnte – durch konsequente Verhandlung und persönlichen Kontakt im Rahmen eines Besuchs des Zulieferers in Asien. Wichtig ist, dass Verbesserungen nicht abstrakt bleiben, sondern persönliche Erfahrungen dazu kommen.

Mit welchen Kennzahlen können Sie Wirkungen demonstrieren?

Manche denken bei einer Veränderung nur an die Ergebniszahlen, die am Ende dargestellt werden können. Doch denken Sie bitte rechtzeitig daran, mit welchen Indikatoren Sie im Laufe des Prozesses deutlich machen können, wie weit Sie im Veränderungsprozess gekommen sind. Das könnten in unserem Beispiel Prozesskennzahlen sein, z.B. die Anzahl der Störungen oder die Dauer eines Teilprozesses. Auch Daten aus Kundenbefragungen können manchmal hilfreich sein. Wie viele Beschwerden gab es wegen verspäteten Lieferungen in Abhängigkeit von der Menge der ausgelieferten Produkte? Manchmal ist nämlich die eigene Wahrnehmung nur von negativen Einzelbeispielen geprägt („Der hatte mich angerufen und sich beschwert.“), aber das ist nicht immer repräsentativ. Sorgen Sie also für objektivere Maßstäbe.

Fazit: Drei Dinge für eine sichtbare Wirkung

  1. Setzen Sie in einem komplexeren Change-Vorhaben nicht nur große Meilensteine, sondern auch kleine überschaubare Arbeitspakete, die schnell zu sichtbaren Erfolgen führen. Dokumentieren Sie das, nutzen Sie gute Indikatoren dafür und kommunizieren Sie auch die Teilerfolge.
  2. Denken Sie daran, die betroffenen Menschen einzubeziehen. Informieren Sie. Hören Sie zu, welche Auswirkungen die Veränderungen auf deren Arbeitsalltag haben. Trainieren Sie die Kompetenzen der Beteiligten, geben Sie ihnen Rechte zur Mitwirkung am Veränderungsvorhaben. Wer selbst spürt, dass sich was tut und das nicht nur von anderen hört, arbeitet gern mit.
  3. Ermöglichen Sie kleine Experimente, lassen Sie mal was ausprobieren und werten die Ergebnisse sofort aus. Dann können Sie Anpassungen vornehmen oder gute Ideen in das gesamte Change-Vorhaben integrieren. Und Sie können von den Wirkungen dieser Experimente berichten.

Welche Wirkungen haben Sie ganz persönlich im ersten Monat dieses Jahres gespürt, gesehen oder gemessen? Falls Sie schon einen ersten kleinen Schritt zu Ihrem Jahresvorhaben umgesetzt haben – Gratulation! Dann machen Sie sich das bewusst und feiern Sie.

Ich wünsche Ihnen noch viele weitere positive Wirkungen in diesem Jahr.

Herzliche Grüße.

Dieter Kannenberg


Blogbeitrag Teil 3 vom 8. Januar 2024

“Unklarheiten abbauen” mit der Sesamstraße? Ja, denn es gibt einen Zusammenhang zum iterativem Change Management. Wieso, weshalb, warum? Mehr dazu in diesem Teil des Blogs.

Wie oft haben wir die Melodie der Sesamstraße schon mitgeträllert: „…wieso, weshalb, warum – wer nicht fragt bleibt dumm“. Fragen zu stellen hilft. Und zwar beim „Unklarheiten abbauen“. Nicht umsonst taucht dieses Veränderungsthema in unserer flow turn map® auf. Denn es ist neben den drei weiteren Veränderungsthemen eines, das in Veränderungsprozessen immer wieder zu Tage treten kann. Heißt also: Führungskräfte sollten sich im Laufe von Change Projekten nie sicher sein, dass alle Beteiligten alles so verstanden haben, wie es gemeint war. Oder vielleicht wurde ein Teil der Informationen auch gar nicht kommuniziert, weil es schlichtweg vergessen wurde oder mit dem Stempel „nicht so wichtig“ unter den Tisch gefallen ist.

flow turn map® ganz praktisch

Hier ein Beispiel aus unserer Beratungspraxis zur Relevanz der Phase „Unklarheiten abbauen“:

Das Veränderungsvorhaben startet mit einem Workshop. Hier erfahren Führungskräfte von der Unternehmensleitung die Hintergründe und die Notwendigkeit der Veränderung. Sie arbeiten sofort los, finden gemeinsam relevante Themen, schmieden Pläne, vereinbaren nächste Schritte. Und dennoch ist deutliche Zurückhaltung bei den anwesenden Führungskräften spürbar. Auch wenn nach weiteren Erläuterungen zum geplanten Projektverlauf das eine oder andere leicht zuversichtliche Nicken kommt. Der Abschlussrunde dieses ersten gemeinsamen Kick-Off-Workshops könnte man trotz aller Bemühungen die Überschrift „klar ist, dass noch wenig klar ist“ geben. Im Laufe weiterer Gespräche in den folgenden Tagen und Wochen wird deutlich: Es sind viele Fragen offengeblieben, manche Führungskräfte waren im Workshop phasenweise abgelenkt und konnten sich den Themen noch gar nicht so richtig öffnen. Erst in weiteren Veranstaltungen und Besprechungen wird klarer, wo die Reise hin gehen soll. Unklarheiten abzubauen braucht – wie in diesem Fall – also unter anderem Zeit, gutes Zuhören und verbindliche Aussagen.

7 Fragen, um Unklarheiten abzubauen

  • Von wem und wie wird das Veränderungskonzept erarbeitet?
  • Wie sieht das Konzept für die Veränderung aus?
  • Wie lautet das Ziel der Veränderung?
  • Welche Routinen sollen aufgegeben/verändert werden? Welche neu entstehen?
  • Welche Rahmenbedingungen müssen beachtet bzw. geschaffen werden?
  • Wie planen wir die Ressourcen?
  • Welche Auswirkungen erwarten wir durch die Veränderungen?

Diagnoseinstrument für mehr Klarheit: Der Zeitstrahl

Viele Aktivitäten in einer Organisation haben eine Geschichte und eine innere Logik.

Wie ein einmal geschriebenes Drehbuch beeinflussen bisherige Ereignisse die Wahrnehmung und das Verhalten der Organisationsmitglieder in der Gegenwart. Einige Reaktionen in Organisationen sind nur vor dem Hintergrund dieses Drehbuchs zu entschlüsseln.

Mit dem Diagnoseinstrument des Zeitstrahls werden vergangene Ereignisse und ihre Auswirkungen auf die Organisation beleuchtet und gemeinsam besprochen. Veränderungen können oft nur gelingen, wenn funktionale und dysfunktionale Organisationsmuster erkannt werden.

Wir setzen dieses Tool, das wir Ihnen in einem der nächsten Blogs noch näher beschreiben, in unserer Beratungspraxis zum Beispiel ein, um:

  • Verständnis für den Ist-Zustandes aus der Vergangenheit zu gewinnen,
  • Sorgen, Ängste, Nöte und Gründe für Skepsis besser zu verstehen,
  • Aus der Vergangenheit lernen zu können,
  • Hypothesen für Veränderung zu bilden,
  • Herausforderungen in der Zukunft zu verdeutlichen.

In der oben beschriebenen Veränderungssituation brachte die Arbeit mit dem Zeitstrahl viel Verständnis in das Führungsteam.  Und es war dadurch fast Erleichterung unter den Beteiligten spürbar, weil die Dinge, die bisher unter dem Teppich waren, endlich besprechbar wurden.

Wie Führungskräfte für mehr Klarheit sorgen

Wir werden häufig gefragt, ob die Phase „Unklarheiten abbauen“ denn jemals wirklich beendet ist. Die Frage ist berechtigt. Denn es werden im Laufe von Veränderungen immer wieder Fragen auftauchen, die aus Sicht der Führungskräfte längst bearbeitet wurden. Klar ist: Wenn die Unklarheiten über Anlass, Inhalt, Absicht und Nutzen einer Veränderung reduziert sind, sind Sie auf jeden Fall auf einem guten Weg. Achten Sie am besten auf folgende Punkte:

  • Sammeln Sie Daten und Fakten, mit denen Sie die Veränderung nachvollziehbar begründen können.
  • Erläutern Sie Absicht, Inhalt, Zweck der Veränderung.
  • Machen Sie sich Gedanken über Einstellungen und Wahrnehmungen bei den betroffenen Gruppen.
  • Beschreiben Sie den angestrebten Nutzen für klar definierte Gruppen.
  • Analysieren Sie vorhandene und benötigte Fähigkeiten und wie Sie deren Auf- und Ausbau unterstützen können.

Fazit: Skeptisch bleiben, wenn alles klar zu sein scheint

Ein persönlicher Tipp: Wenn Ihnen als Führungskraft alles sonnenklar zu sein scheint, werden Sie skeptisch. Denn – und das kennen Sie mit Sicherheit aus Ihrer Führungspraxis – besprochen heißt noch nicht verstanden, verstanden heißt nicht akzeptiert, akzeptiert heißt noch nicht umgesetzt… Besser als mit Hilfe von Grobi aus der Sesamstraße könnte man dies kaum deutlich machen. Gönnen Sie sich 4 Minuten zum Schmunzeln, genau genommen scrollen Sie zu den Minuten von 12:58 bis 16:53 – es sei denn, Sie haben Spaß daran, sich mal wieder eine ganze Folge der Sesamstraße anzuschauen… Hier ist der Link: Drinnen oder draußen? Auf den ersten Blick eine einfache Frage – aber nicht für Grobi als Fensterputzer.

Für das neue Jahr wünsche ich Ihnen Durchblick, Geduld und Klarheit. Übrigens schlüpfen wir für Sie auch gerne mal in die Rolle als „Fensterputzer“ 😉.

Viele Grüße

Anneli Gabriel


Blog Teil 2 vom 4. Oktober 2023

Wie mein Kollege Frank Wippermann in Teil 1 dieses Blogs angekündigt hat, lohnt sich eine Vertiefung der einzelnen Veränderungsthemen der turn map.

Firmenjubiläum 30 Jahre flow consultingUnd da die Reihenfolge der 4 Veränderungs-Themen „Unklarheiten abbauen“, „Akzeptanz erreichen“, „Wirksamkeit erzeugen“ und „Routinen etablieren“ im iterativen Change Management nicht festgelegt werden kann, beginnen wir einfach im Alphabet ganz vorne bei „Akzeptanz erreichen“.

Stellen Sie sich zunächst 5 Fragen 

– Wie informieren wir am besten über die Veränderungen?
– Wer muss wann einbezogen werden?
– Wie sieht das geeignete Kommunikationskonzept aus?
– Muss das ursprüngliche Konzept auf Grund von unerwarteten Reaktionen/neuen Sichtweisen ergänzt/verändert werden?
– In welche bestehenden Abläufe und Strukturen soll die Veränderung als erste einfließen?

Und manchmal hilft auch schonungslose Offenheit seitens der Geschäftsführung, wie es in diesem sehr empfehlenswerten Podcast des Magazins Versus zu hören ist.

Akzeptanz erreichen: Rechnen Sie mit diesen 4 Rollen im Change 

Es wäre so schön – fast wie im Märchen: Sie als Führungskraft planen ein Change Vorhaben und die Begeisterung ist groß. Jede und jeder erkennt die Notwendigkeit der Veränderung und will am liebsten sofort mit anpacken, damit die Veränderung gelingt.

Doch in der Realität zeigen sich fast immer mindestens vier verschiedene Reaktionen zum Change. Diese vier „Haltungenim Change“ unterscheiden sich in ihrer Einstellung zum Change sowie in der Lautstärke und Vehemenz, mit der sie ihre Meinung vertreten. Die Antreiber befürworten das Vorhaben lautstark. Ihnen gegenüber stehen die Gegenspielerinnen, die es offen ablehnen. Diese beiden Gruppen bekommen häufig besonders viel Aufmerksamkeit. Es gibt allerdings auch noch die Unterstützerinnen und die Skeptiker, die sich mit Meinungsäußerungen zurückhalten und nicht sofort einzuschätzen sind. Diese beiden Gruppen sind dafür umso relevanter, damit die Veränderung gelingt. Um zu wissen, was die Stilleren denken, müssen Sie mehr tun als nur eine flammende Rede halten.

Matrix mit 4 Haltungen von Menschen in Veränderungsvorhaben: Vorantreiber, Unterstützer, Skeptiker, Gegenspieler

Tipps zum Umgang mit den vier Haltungen im Change

Tipps zum Umgang mit den 4 Haltungen im Change

Die Vorantreiber: Um passend für die Akzeptanz zu werben, sollten Sie bei der Gruppe der Vorantreiber deren Einfluss auf das Vorhaben abschätzen können und auch die ungefähre Anzahl kennen. Diese können Sie als Fürsprecher einsetzen. Sie helfen Ihnen, Akzeptanz bei den Changebeteiligten zu erhöhen.

Die Unterstützerinnen: Für Akzeptanz werben ist bei dieser Gruppe verhältnismäßig einfach. Finden Sie heraus, wie Sie die Unterstützerinnen erreichen können. Auch hier ist es gut, wenn Sie eine Idee haben, wie viele denn auf der Pro-Seite sind und die Daumen drücken, dass ihr Change gelingt. Diese Gruppe können Sie mit den Vorantreibern als erste Gruppe ansprechen, informieren und durch konkrete Erklärungen gewinnen.

Die Skeptiker: Auch bei ihnen ist es wichtig zu wissen, wie viele der Gruppe angehören und wie Sie diese am besten erreichen.  Hier brauchen Sie Geduld. Bleiben Sie dran. Sprechen Sie immer wieder an und zeigen Sie vor allem auch persönliche Vorteile auf. Denn der eigene Nutzen ist ein wichtiger Hebel, um die Skeptiker mit ins Change Boot zu holen. Und: Sie brauchen sie, damit Ihr Change gelingt.

Die Gegenspielerinnen: Sie arbeiten laut gegen Ihr Vorhaben an. Ihr Motto „mit mir nicht“. Wie bei den Vorantreibern ist es wichtig für Sie herauszufinden, welchen Einfluss sie auf das Vorhaben haben – wie mächtig sie sind. Je mächtiger, desto mehr Energie sollten Sie darauf verwenden, mit ihnen im Dialog zu bleiben. Doch auch wenn sie nicht so mächtig ist: Da die Gruppe sehr vehement sein kann, konzentrieren sich manche Change-Leader stark auf sie. Schließlich machen sie viel Lärm. Das ist nicht notwendig. Natürlich hilft ernst nehmen und zuhören. Manchmal sind es schlicht schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit, die zu der Blockade-Haltung führen. Versuchen Sie, die Einwände auszuräumen und vor allem – betonen Sie: „Der Change kommt“. Da hilft dann auch kein lautes Dagegen-Sein. Vielleicht stellt sich auch diese Gruppe so langsam auf den Change ein.

Woran merken Führungskräfte, dass die Akzeptanz erreicht ist?

Klingt nach viel Arbeit? Ist es auch. Es lohnt sich aber. Und wenn Sie sich jetzt fragen, wann Sie es geschafft haben: Diese Phase der flow turn map® ist vorläufig beendet, wenn die Akzeptanz einer Veränderung bei genügend großen und/oder genügend bedeutenden Gruppen erreicht ist.

Dann sollte klar sein:

–  In welchen Bereichen/von welchen (Anspruchs-)Gruppen ist die Veränderung noch nicht akzeptiert?

–  Woran lässt sich das konkret nachweisen?

–  Was stört die Akzeptanz?

–  Welche Begründungen kommen noch nicht an?

–  Welche Ziele geraten dadurch in Gefahr?

–  Wer kann zu mehr Akzeptanz beitragen?

–  Welche Schritte hin zu mehr Akzeptanz sind relevant und aussichtsreich?

–  Welche Piloteinheiten eignen sich als Unterstützer?

–  In welchen Portionen werden die Schritte wie kommuniziert?

Übrigens gibt es neben den beschriebenen Haltungen noch andere Themen, die der Akzeptanz der Beteiligten im Weg stehen können. Um diese zu identifizieren, hilft Ihnen zum Beispiel eine Kräftefeldanalyse. Wie die genau funktioniert… dazu ein andermal mehr. Für heute hoffe ich, dass der Blog bei Ihnen auf Akzeptanz stößt.

Viel Erfolg bei Ihrem Veränderungsvorhaben wünscht


Blog – Teil 1 vom 17. April 2023

Change Management hat in den vergangenen dreißig Jahren erhebliche Veränderungen erfahren. Lesen Sie weiter, wenn Sie erfahren möchten, wie ein strukturiert-flexibles Change Management möglich wird. Von der durch die Human-Relation-Bewegung beeinflussten Organisationsentwicklung über das phasenorientierte Projektmanagement hin zum iterativen Changemanagement: In einer kleinen Serie stellen wir Ihnen das Herz des iterativen Change Managements vor: Die flow turn map®. Zum Auftakt erhalten Sie einen Überblick über den Aufbau und die Charakteristika dieser turn map.

Die beiden Gegenlager zum iterativen Change Management

Greifen wir kurz in die Geschichtskiste, um die beiden Gegenlager zum iterativen Change Management auszumachen:

  • Die Organisationsentwicklung stellt die Interessen und Bedürfnisse der Beschäftigten in den Mittelpunkt, um sich von der rein sachlogisch orientierten Vorgehensweise der 1950er und 1960er Jahre abzugrenzen. Ein Vorwurf an die Organisationsentwicklung ist, Machtstrukturen und politische Prozesse in Organisationen zu übersehen. (Vertreter u.a. Rudi Wimmer)
  • Das phasenorientierte Projektmanagement betrachtet Veränderung als ein in sich abgeschlossenes Vorhaben, das entlang feststehender Abfolgen (‚Phasen‘) umgesetzt wird. Hier ‚stört‘ die Unflexibilität der starren Phasen angesichts möglicher Hindernisse oder Opportunitäten. (Vertreter u.a. John Kotter)

Auf Seiten der Theorie geschehen in den letzten zwanzig Jahren des 20. Jahrhunderts zwei Absagen an bis dahin gängige Organisationsverständnisse: Zum einen an die Organisation als ‚selbsterschaffendes (autopoetisches) System‘, das aus sich selbst heraus Strukturen und Elemente erzeugt und folglich nicht von außen verändert, sondern lediglich angestoßen und ‚irritiert‘ werden kann. Zum anderen an die Organisation als ‚technisches System‘, bei dem Prozesse durch linearen Rückkopplungsschleifen miteinander verbunden sind und folglich eindeutig analysiert und durch optimale Verfahren verändert werden können.

Iteratives Change Management: Macht flexibel im Blick haben

Iteratives Change Management hat die Funktion, weder auf vorgegebene Abfolgen festgelegt zu sein noch irgendwelche beliebigen Irritationen aufzunehmen. Also: Weder starr noch beliebig – oder positiv ausgedrückt: Strukturiert und zugleich flexibel. Das funktioniert durch die flow turn map® als Steuerungs- und Reflexionsinstrument im iterativen Change Management. Sie umfasst fünf verschiedene Ebenen:

Grafik der flow turn map Unklarheiten abbauen Akzeptanz erreichen Wirksamkeit erzeugen Routinen etablieren

  1. Rahmen der Veränderung: Die Ressourcen, Interessen und Werte des Unternehmens definieren den Rahmen für die Veränderungen und müssen berücksichtigt werden, um Widerstand, Demotivation oder sogar einen Kollaps zu verhindern.
  2. Dimensionen: Die Verteilung von Macht und Wissen ist ein zentraler Erfolgsfaktor für die Akzeptanz von Veränderungen. Deshalb ist es wichtig, ihre verschiedenen Dimensionen im Unternehmen zu verstehen und zu berücksichtigen.
  3. Themen der Veränderung: Aus den Merkmalen Wissen und Macht ergeben sich die vier Themen der Veränderung, nämlich Akzeptanz erreichen, Routinen etablieren, Unklarheiten abbauen und Wirksamkeit erhöhen.
  4. Themen der Entscheidung: In jedem Thema der Veränderung laufen strukturiert Entscheidung ab. Sie werden nach und nach gemäß einer festen Schrittfolge abgearbeitet, nämlich das Ziel für das anstehende Thema der Veränderung festlegen, das Vorgehen planen, den Plan umsetzen, die Umsetzung bewerten und die Zielerreichung messen.
  5. Abläufe: Im iterativen Change Management ist die Reihenfolge der Themen der Veränderung nicht festgelegt, sondern ergibt sich erst im Verlauf. Deshalb muss das Veränderungsthema der nächsten Phase je nach Situation definiert werden. Dementsprechend variiert auch die Anzahl der Phasen.

Es handelt sich um ein Vorgehensmodell, mit dem auch komplexe Veränderungsvorhaben flexibel durchlaufen und offen gesteuert werden können. Das liegt am Zusammenspiel der Themen der Veränderung mit den Themen der Entscheidung

Flexibel bei den Veränderungsthemen

Unübersichtliche Situationen, komplexe Veränderungsvorhaben, dynamische Umgebungen – Gary Hamel verglich das Management bei solchen Bedingungen einmal mit dem „Zeichnen einer Landkarte während eines Erdbebens“. Da ist es nicht nur unmöglich, mittel- oder langfristig zu planen, Ressourcen, Aufgaben oder Ziele weit im Voraus zu bestimmen. Es ist auch Verschwendung: Zeit, Aufmerksamkeit und Energie sollten besser auf das Hier und Jetzt gerichtet werden. Was morgen sein wird, kann erst benannt werden, wenn das Heute klar(er) ist. Deshalb kann das nächste Veränderungsthema erst dann zuverlässig benannt werden, wenn das derzeit anstehende bearbeitet ist. Dann erst können die Ergebnisse, die Erfahrungen und die Verschiebungen in den Macht-Wissen-Zusammenhängen in die Planung des nächsten Schritts einfließen. Alles andere wäre verfrüht. Damit ist auch die sachlogische Reihenfolge ‘Unklarheiten abbauen > Wirksamkeit erhöhen > Akzeptanz erreichen > Routinen etablieren’ nur eine von vielen möglichen Abfolgen. Nach unserer Beratungserfahrung ergibt sich diese Reihenfolge eher bei einfachen Vorhaben in stabilen Umgebungen. Wird es dagegen komplex, so sind auch andere Reihenfolgen offensichtlich:

Tabelle zu Themen der flow turn map

Strukturiert bei den Entscheidungsthemen

Dieser Flexibilität auf der Makro-Ebene steht eine klare Struktur auf der Mikro-Ebene entgegen. Innerhalb jedes Veränderungsthemas werden die Aufgaben zielorientiert in einer Abfolge von ‚Fokussieren/Abgrenzen > Messen/Analysieren > Planen/Umsetzen > Kontrollieren/Steuern‘ abgearbeitet. Damit wird eine ‚Insel der Ordnung‘ geschaffen, was für eine temporäre Arbeitssicherheit sorgt und damit auch für den Anschluss an den überwiegenden Teil der Arbeitsroutinen. Innerhalb dieser klaren Arbeitsstruktur wird ausschließlich an diesem einen Veränderungsthema gearbeitet – bis ein vorzeigbares Ergebnis vorliegt. Störungen von außen im Sinne eines ‚Könnten wir nicht auch noch eines der anderen drei Veränderungsthemen mit erledigen?‘ werden abgewiesen.

Wenn Sie jetzt an die Sprints aus agilen Ansätzen wie Scrum denken, in denen auch von außen unbeeinflusst Aufgaben abgearbeitet werden und erst nach einer gewissen Zeit die Öffnung für Einflüsse von außen stattfindet, so liegen Sie ganz richtig. Das Miteinander von Öffnen und Schließen ist eine der Charakteristika für Ansätze im Change Management, die sich von Organisationsentwicklung und Projektmanagement abgesetzt haben. Apropos Projektmanagement. Im 2021 erschienenen „project management body of knowledge” des Project Management Institute zieht sich ein iteratives Managementverständnis durch. Auch für Projektmanagement scheinen die klassischen Zeiten des Masterplans langsam vorbei zu sein.

Führung mit der flow turn map®

Mit der flow turn map® können Sie Veränderungsvorhaben jederzeit strukturiert führen und sind zugleich offen für unerwartete Chancen sowie Risiken, um selbst in unsicheren Situationen konsequent sowie agil aufzutreten. Das ist übrigens auch der Grund, warum unsere eigene Toolbox sowohl klassische Werkzeuge wie SWOT-Analyse oder GANTT-Diagramme umfasst als auch größtenteils selbst entwickelte wie Good Approach oder Change Engagement. Ihre Aufgabe als Führungskraft ist es, in der Anwendung klar zwischen der ergebnisoffenen Diskussion um das nächste Veränderungsthema und dem prozessgeschlossenen Bearbeiten von Aufgaben zu diesem nächsten Veränderungsthema zu unterscheiden. Und weder Entscheidungsthemen noch Veränderungsthemen dominieren zu lassen:

  • Bekommen Entscheidungsthemen (also die Werkzeuge und Denkweisen klassisch-geplanten Change Managements) die Überhand, so führt das zu einer zu defensiven Veränderung, die über kurz oder lang in der verwaltenden Abarbeitung einmal beschlossener Pläne mündet.
  • Stehen dagegen überwiegend Veränderungsthemen auf der Agenda (und das noch in einer Fehldeutung agiler Ansätze als ‚anything goes‘), so führt das zu einer zu offensiven Veränderung, die über kurz oder lang in Orientierungslosigkeit und kreativem Aktionismus mündet.

Die Entscheidungsthemen sind folglich die Stabilisierungspunkte im Trubel der Veränderungsthemen – die Veränderungsthemen die Antriebsmomente im Korsett der Entscheidungsthemen.

Oder noch kürzer: Entscheidungsthemen ohne Veränderungsthemen sind starr und uninspiriert, Veränderungsthemen ohne Entscheidungsthemen wirr und wirkungslos.

Locker verstreut über die nächsten Blogs werden wir Ihnen die vier Veränderungsthemen im Einzelnen vorstellen.

Frank Wippermann

Project Management Institute (2021) (Hg.): A Guide to the project management body of knowledge. PMBOK guide. o.V.. (7)
Wippermann, F. (2016): Change Management in komplexen Situationen. Werkzeuge – Organisation – Führung. Erich Schmidt Verlag.

Bild: flow consulting