Teil 1 von 2 / Juni 2021

Was Frauen in Führungspositionen auf ihrem Weg ins obere Management besonders beachten sollten, beschreibt Gabriele Möllenkamp in diesem ersten Teil ihres Blogs.

Die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen: “Nur jede dritte Führungskraft ist eine Frau”.

Frauen in Führungspositionen in Prozent

© Statistisches Bundesamt (Destatis) | 2021

Dennoch gibt es Frauen in leitender Funktion und es stellt sich die Frage, was diese anders gemacht haben als andere weibliche Führungskräfte.

Die sogenannte “Gläserne Decke”

Vielleicht kennen Sie den Begriff der ‚Gläsernen Decke’? Dieses Bild beschreibt die Erfahrung vieler Frauen im mittleren Management: der Aufstieg in erste und zweite Führungsfunktion gelingt gut, doch dann stockt der Weg: der Aufstieg in die Geschäftsführung oder den Vorstand will nach wie vor nicht gelingen.

Ein Blick zurück: Juni 2013 – eine Veranstaltung zum Thema ‚Die Gläserne Decke’ – Gastgeberin: die Leiterin einer Fachhochschule. Als Key Note Speakerin geladen war Marion Knaths; u.a. Autorin des Buches ‘Spiele mit der Macht’. Die Gastgeberin eröffnete die Veranstaltung mit dem Hinweis, dass sie im Laufe ihrer Karriere nie mit der gläsernen Decke in Berührung gekommen sei. Sie habe nie die Erfahrung gemacht, dass ihr etwas verwehrt wurde, nur weil sie eine Frau sei. Und weiter erläuterte sie, dass sie – ohne sich dessen bewusst gewesen zu sein – im Laufe ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Karriere durchgängig Verhaltensmuster eingesetzt hätte, die im Buch als ‚durchsetzungsstark’ beschrieben und empfohlen werden.

Frauen und Führung: Die Bedeutung von Verhalten und Wirkung

Hier wird deutlich: Frauen und Führung ist immer auch eine Frage von Verhalten und Wirkung. Nicht allein fachliche Qualifikation zählt; es gilt vielmehr durch das Auftreten, die Performance auf sich aufmerksam zu machen und zu überzeugen. Welche Verhaltensformen sich hierzu am besten eignen, beschreibt die folgende Übersicht:

glaubwürdige oder zugängliche Wirkung erzielen, Frauen in Führungspositionen, flow consulting

Verhalten und Wirkung (nach Michael Grinder, Fortbildung ‚Platform Skills’, 1996)

Zugänglich zu wirken fällt vielen Frauen leicht. Allerdings wird es eher assoziiert mit hierarchisch niedrigeren Positionen. ‚Glaubwürdiges’ Verhalten wird eher mit hierarchisch höheren Positionen verbunden und es ist tendenziell stärker mit dem männlichen Geschlecht assoziiert. (vgl. M. Grinder ebd.)

Deshalb gilt es, mit Frauen glaubwürdiges Verhalten einzuüben für das überzeugende Auftreten als Führungskraft.

Frauen in Führungspositionen: 5 Tipps für überzeugendes Auftreten

  • Sitzen und stehen Sie aufrecht.
  • Halten Sie den Kopf ruhig.
  • Senken Sie Ihre Stimme am Ende des Satzes.
  • Informieren Sie im Gespräch mehr als dass Sie fragen.
  • Legen Sie Ihren thematischen Fokus nicht auf Beziehungen, sondern auf Inhalte.

Das Seerosen-Modell

Die Wirkung von Körpersprache – Mimik, Gestik, Verhalten im Raum – spielt auch in aktuellen Trainings und Coachings für Frauen eine wesentliche Rolle.

Nachhaltige, i. S. von langfristiger dauerhafter Veränderung erfordert allerdings neben dem Fokus auf das konkrete sichtbare Verhalten, zusätzlich weitere Aspekte in den Blick zu nehmen. Verhalten ist gegründet in den individuellen Einstellungen und basiert auf grundlegenden Überzeugungen.

Im Seerosenmodell wird dieser Zusammenhang anschaulich dargestellt.

Seerosen-Modell, Symbol für Werte, Haltung Verhalten, Frauen in Führungspositionen

Ausblick auf Teil 2

Im nächsten Blog rund um Frauen und Führung lesen Sie deshalb mehr zum Selbst- und Rollenverständnis sowie der Haltung zu mikropolitischen Strategien. Um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, greift eine reine Verhaltensschulung somit oft zu kurz.

Lesen Sie hier, was eine gestaltende Haltung als Führungskraft ausmacht.

Gabriele Möllenkamp

Zum Seerosenmodell vgl. u.a. Gellert, M., Nowak, C. (2004): Teamarbeit-Teamentwicklung-Teamberatung. /  Schein, Edgar H. (2018): Organizational Culture and Leadership.

Beitragsbild: ©Suteren Studio | stock.adobe.com


Teil 2 von 2 / November 2021

Welches Selbst- und Rollenverständnis, welche Haltung zu mikropolitischen Strategien Frauen in Führungspositionen auf dem Weg ins obere Management weiterbringen, lesen Sie in diesem zweiten Teil des Blogs von Gabriele Möllenkamp.

Im ersten Teil meines Blogs habe ich die Unterscheidung zwischen glaubwürdigem und zugänglichem Verhalten skizziert: Glaubwürdiges Verhalten ist tendenziell mit einem höheren hierarchischen Status assoziiert, zugängliches Verhalten hingegen eher mit einem niedrigeren hierarchischen Status. Darüber hinaus wird glaubwürdiges Verhalten eher dem männlichen Geschlecht zugeschrieben, zugängliches Verhalten hingegen eher dem weiblichen Geschlecht. Daraus hatte ich konkrete Empfehlungen für überzeugenderes Auftreten abgleitet.

Überzeugende Strategien für Frauen in Führungspositionen

In der vergangenen Woche hatte ich erneut die Gelegenheit, im Rahmen eines Seminars diese Differenzierung vorzustellen und gemeinsam mit den Teilnehmerinnen zu diskutieren.

Eine grundlegende Frage war: Wenn ich dieser Beschreibung bzw. Differenzierung zustimme und sie ernst nehme, bedeutetet das, dass ich mein Verhalten als weibliche Führungskraft in Richtung ‚Glaubwürdigkeit‘ verändern sollte? Und – zugespitzt formuliert – die Frage: Ist das (tatsächlich) Ihre Empfehlung? Meine Antwort: „Es kommt drauf an.“ Damit entziehe ich mich nicht einer Antwort, ich beschreibe vielmehr einen Grundsatz der Rhetorik: ‚Wählen Sie die Strategien, welche die Erreichung Ihres Ziels unterstützen.‘

Das bedeutet ganz pragmatisch: Wenn es darum geht, sich als glaubwürdig und kompetent darzustellen, ist es sinnvoll, Verhaltensmuster zu nutzen, die den Bereich Glaubwürdigkeit bedienen. Wenn es allerdings darum geht, Verbundenheit deutlich zu machen und auf Augenhöhe zu kommunizieren, ist es sinnvoll, Verhaltensmuster zu nutzen die dem Bereich Zugänglichkeit zuzuordnen sind.

Diese Empfehlung zum strategischen Agieren stößt in Trainings und Coachings weiblicher Führungskräfte immer wieder auf teils heftigen Widerspruch – so auch in diesem Seminar. Dies äußert sich in Formulierungen wie: „Ich will mich nicht verbiegen.“ oder: „Ich will authentisch bleiben.“

Horizontales und vertikales Sprachsystem

Meinen Erfahrungen nach lehnen weibliche Führungskräfte strategisches Vorgehen im Umgang miteinander tendenziell ab, während männliche Führungskräfte entsprechende Empfehlungen als hilfreiches, nützliches Instrument in Ergänzung des eigenen Instrumentenkoffers begreifen.

Einen Erklärungsansatz für diese unterschiedlichen Reaktionen bietet der Unternehmensberater Peter Modler. Modler skizziert sehr anschaulich die Kommunikationswelt von Frauen im Unterschied und in Abgrenzung zu der Kommunikationswelt von Männern. Dabei bezieht er sich ausdrücklich auf Untersuchungen der Soziolinguistin Deborah Tannen aus den 1980er Jahren: Während sich Männer überwiegend im vertikalen Kommunikationssystem bewegten und sämtliche ihrer Handlungen und Interpretationsmuster innerhalb dieses Systems abliefen, agierten Frauen eher im horizontalen Kommunikationssystem.

Typisch weibliche Kommunikation sei ausgerichtet an Inhalt und Beziehung; typisch männliche Kommunikation orientiere sich an Status und Revier.

Strategische Empfehlungen werden entsprechend von männlichen Führungskräften als Unterstützung zur Festigung ihres Status verstanden. Weibliche Führungskräfte begreifen diese tendenziell als Angriff auf ihr Selbst- und Rollenverständnis.

Ein am Geschlechterstereotyp angelehntes Rollenverständnis erschwert weiblichen Führungskräften, in status- und machtorientierten Zusammenhängen machtpolitisch zu agieren.

Untersuchungen von Mucha und Rastetter zur Bereitschaft weiblicher Nachwuchsführungskräfte zum Einsatz und Aufbau von Macht zeigen deutlich:

  • Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen Aufstiegserfolg und der Bereitschaft zu mikropolitischem Handeln.

Und:

  • Es besteht ein negativer Zusammenhang zwischen Aufstiegserfolg und einem an Geschlechterstereotyp angelehnten Selbstbild.

Macht - so erläutern sie – hat für Frauen einen geringeren Stellenwert als für Männer. Während männliche Führungskräfte ihre Führungsaufgabe primär als ‚Rolle‘ verstanden, die sie in jedem beliebigen Kontext ausfüllen könnten, begriffen weibliche Führungskräfte Führung in erster Linie inhaltlich, als Verantwortung für die damit verknüpfte Aufgabe.

Empfehlung für Frauen in Führungspositionen

Welche Empfehlung für den erfolgreichen Weg ins obere Management lässt sich nun daraus ableiten?

  1. Prüfen Sie Ihr Selbst- und Rollenverständnis mit Blick auf mögliche geschlechtsstereotypische Grundannahmen und
  2. nutzen Sie „Möglichkeiten, sich durch eigenes Zutun neue Spielräume und eine Verbesserung der eigenen Position zu verschaffen“ (Mucha/Rastetter 2011: 175)

Das heißt: ‚Mitspielen und beobachten, was passiert.‘ Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei. Bei Fragen wenden Sie sich gerne an mich.

Gabriele Möllenkamp

Quellen:

Mucha, A./Rastetter, D.: Macht und Gender: Nach Macht greifen – mit mikropolitischer Kompetenz! In: Gruppendynamik und Organisationsentwicklung; gruppendynamische Organisationsberatung (2012); 173-188; Online publiziert: 20.03.2012; VS Verlag für Sozialwissenschaften 2012)

Modler, P.: Die Manipulationsfalle: Selbstbewusst im Beruf mit dem Arroganz-Training für Frauen. Fischer E-Books 2014

Beitragsbild: ©Suteren Studio | stock.adobe.com