Hätten Sie eigentlich mal wieder Lust in Ruhe ein gutes Buch zu lesen, kommen aber nicht weiter, welches es sein könnte? Dann versuchen Sie es doch mal mit dieser Sommerlektüre.
Was hätte eigentlich … dazu gesagt?
Ein Gedankenspiel nach dem Motto „Was hätte eigentlich …?“ geschieht recht häufig. Sei es im Familienkreis: „Was hätte Onkel Ernst eigentlich dazu gesagt, dass Franziska jetzt auch Kunstgeschichte studiert … so wie er?“ Oder in politischen Talk-Shows: „Was hätte Helmut Schmidt eigentlich zu Waffenlieferungen an die Ukraine gesagt?“ Für die Beratung zum Change Management taugt die Fragekonstellation vielleicht ja auch: „Was hätte XYZ dazu gesagt?“ Ein neu erschienenes Buch setzt diese Idee um. Darum stelle ich es Ihnen hier in aller Kürze vor.
Theorie – auf ein Praxisbeispiel angewendet
Theorie ist trocken – so die weit verbreitete Meinung. Und: Theorie bringt nichts – das denken auch so einige. Nun wird Immanuel Kant (dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 300sten Mal jährt) der Satz zugeschrieben, nach dem es nichts Praktischeres gibt als eine gute Theorie. Das greift ein fünfköpfiges Herausgabeteam um Thomas Schumacher auf und präsentiert im Schäffer-Poeschel Verlag das Buch Vordenker der Organisationsentwicklung. Grundlage sind ausgewählte Beiträge aus der Zeitschrift für Organisationsentwicklung, in der seit 2002 immer wieder maßgebliche Theorien vorgestellt werden.
Diese Beiträge sind erneut abgedruckt – auf vier bis sieben Seiten werden die Ansätze von Persönlichkeiten wie Nils Brunsson, Peter Drucker, Kurt Lewin, James March, Rosabeth Kanter, Peter Senge oder Herbert Simon vorgestellt. So weit – so gut – so theoretisch. Der Clou des Buches besteht – neben der Tour d’Horizon zu 25 ausgewählten Ansätzen – darin, dass jeder dieser Ansätze auf eine Frage hin präzisiert wird: „Was könnte [Herbert Simon] zum VW-Dieselskandal gesagt haben?“ Spoiler: Er hätte sich überhaupt nicht gewundert ob der erwiesenen ‚beschränkten Rationalität‘ – und: Die Auseinandersetzung um Akzeptanzkriterien wird in Organisationen immer wichtiger.
Und an dieser Stelle wird es spannend, denn die 25 Theorien beginnen plötzlich ganz praktisch zu werden, vor allem zur Beratung im Change Management. Und zugleich sind die Beiträge Paradebeispiele für immanentes Denken. Wer die Perspektiven auf Organisation fundiert erweitern möchte: Hier ist eine sehr gute Gelegenheit.
Frank Wippermann, der gespannt ist, ob sich einige der Theoretiker, die noch leben, einmischen werden 😉
Disclaimer: An den Seiten 101 bis 110 bin ich beteiligt. Zur Frage „Was könnten Michel Crozier und Erhard Friedberg zum VW-Dieselskandal gesagt haben?“ habe ich mir meine Gedanken gemacht und zuvor ihren ‚Macht-Spiel-Strategie‘-Ansatz vorgestellt.
Schumacher, T. et al. (2024) (Hg.): Vordenker der Organisationsentwicklung. Impulse für wirksame Veränderungsarbeit. Schäffer-Poeschel.
Buchcover: Verlag Schäffer-Poeschl