Wie geht eine langjährig erfahrene Führungskraft mit dem Thema Rollenvielfalt um? Hören Sie dazu unsere neue Podcastfolge.

Businesstalk zu Führungsrollen in Unternehmen

Die Businesstalks am Ku’damm sind eine Plattform für exklusive Interviews und Talkrunden mit führenden Wirtschaftsexperten. Meine Kollegin Silke Engel hat mit der Moderatorin drei Themen erörtert, die in der Beratungspraxis von flow consulting eine hohe Relevanz haben:

  • Haltung und Widerstand im Change
  • Leading Change – Herausforderungen im Change Management und
  • Führungsrollen in Unternehmen

Nun wollen wir nicht „im eigenen Saft schmoren“, sondern schätzen es besonders, solche Themen mit Führungskräften zu diskutieren und immer wieder auf Praxistauglichkeit zu prüfen. Freundlicherweise hat Dr. Thomas Litz sich für diese Podcastfolge bereit erklärt, zum Thema Führungsrollen unser Sparringspartner zu sein. Er ist seit Jahrzehnten Führungskraft im mittleren Management eines internationalen Konzerns und zudem zertifizierter Coach und systemischer Prozessberater. Doch bevor wir mit ihm in die Praxis schauen, erläutern wir kurz, welches Modell wir zugrunde legen – denn Führungsrollen gibt es unzählige.

Vier Führungsrollen – ein Modell

Die Rollenvielfalt in Theorie und Praxis ist genauso wenig zu überblicken wie die Anzahl an Modellen, die kursieren. Dass Modelle vereinfachen, liegt in der Natur der Sache und deshalb beschränken wir uns in dieser Matrix auf 4 Führungsrollen:

Matrix zeigt 4 Führungsrollen: Entscheider, Befähiger, Coach, Partner

4 Führungsrollen (angelehnt an Armin Trost)

Konkrete Beispiele, wie Führungskräfte in der jeweiligen Rolle möglicherweise agieren, beschreibt Silke sowohl hier in der Podcastfolge, als auch im Businesstalk. Doch nun zu unserem Gespräch mit Thomas Litz.

Wie können Führungskräfte ihrer Führungsrolle gerecht werden?

Als Wissenschaftler gestartet, waren für Thomas Litz über viele Jahre Zahlen, Daten, Fakten viel wichtiger als die weichen Faktoren. Davon hielt er lange nichts. Dank seiner Weiterentwicklung im Coaching und seiner Coachingausbildung, sagt er, stehen für ihn heute jedoch ganz klar die Menschen im Vordergrund seiner Führungsaufgabe. Noch so gute Zahlen bringen aus seiner Erfahrung nichts, wenn Teams Konflikte haben oder die Arbeit an den Schnittstellen des eigenen Verantwortungsbereichs nicht vorankommt, weil es Missverständnisse gibt. Seiner Führungsrolle gerecht zu werden heißt für ihn, die Werte Ehrlichkeit und authentischer Umgang miteinander zu leben und dafür einzustehen. Der Vorteil des oben beschriebenen Modells ist, dass Führungskräfte ihre Werte in jeder dieser 4 Rollen zum Ausdruck bringen können, ohne sich dafür verbiegen zu müssen. Klarer Favorit für Thomas Litz ist – und das ist aufgrund seines Werdegangs wenig überraschend – die Rolle als Coach.

Mögliche Grenzen der Coach-Rolle

Was heißt „Führungskraft als Coach“ aber jetzt ganz praktisch? Darauf antwortet Thomas: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen befähigt werden, für das, was sie tun und entscheiden, die Verantwortung übernehmen zu können. Voraussetzung dafür ist eine kontinuierliche fachliche und persönliche Weiterentwicklung sowie eine entsprechende Rückendeckung für die getroffenen Entscheidungen. Auch und gerade, wenn diese vielleicht abweichen von den ursprünglichen Vorstellungen der Führungskraft. Hier beginnt ein Aushandlungsprozess, der von Reflexionsfähigkeit und Offenheit geprägt sein sollte. Darauf gehen wir im weiteren Gespräch noch ausführlicher ein. Gefragt nach den Grenzen seiner „Lieblingsrolle Coach“ beschreibt Thomas Erfahrungen mit Mitarbeitenden, die neu in seinen Bereich gekommen sind. Mit einer „langen Leine“ umgehen zu können, muss dann erst erlernt werden und das gegenseitige Vertrauen dafür muss wachsen. Sein Fazit in aller Kürze: Je besser und selbständiger seine Teammitglieder agieren und entscheiden, desto weniger Stress hat er als Führungskraft. Das klingt aus seinem Mund bestechend logisch und nach lang gereiften Erfahrungen. Übrigens: Auch wenn die Coach-Rolle in unserem Gespräch als klarer Favorit gilt, gibt es durchaus Situationen, in denen klare Entscheidungen zu treffen und Prioritäten zu setzen sind. Womit wir bei der nächsten Herausforderung sind.

Wie Rollenklarheit entsteht

Rollen sind nicht einfach so da oder anders ausgedrückt: Sie machen sich nicht von selbst. Vielmehr sind sie sind das Ergebnis intensiver Gespräche und Aushandlungen mit dem jeweiligen Gegenüber. Welche Erwartungen gibt es bei den Beteiligten in welcher Situation?

Führungskräfte tun gut daran, sich je nach Situation zu vergegenwärtigen, welche Bedürfnisse im Raum stehen. Davon ist abhängig, für welche Rolle sie sich dann bewusst entscheiden. Rollenklarheit bedeutet also nicht, stur bei einer Rolle zu bleiben, sondern sich aus den vielfältigen Möglichkeiten für die zu entscheiden, die in der jeweiligen Situation angemessen erscheint. Was es also nicht gibt, ist eine beste Rolle, wohl aber eine, die für beide Seiten am ehesten passt.

Kommunikationsprozesse gemeinsam gestalten

Ohne Kommunikation funktioniert all das nicht. Die schlichte Frage „Was erwartest du jetzt von mir?“ wird allzu oft nicht gestellt. Missverständnisse sind vorprogrammiert und Führungskräften eilt dann nicht selten der Ruf voraus, sie würden ihrer Führungsrolle nicht gerecht werden. Es klingt auch an diesem Punkt unseres Gesprächs noch einmal so einfach: aktiv nachfragen, gut hinhören, Feedback geben, regelmäßige Mitarbeitergespräche führen, um sich über gegenseitige Vorstellungen auszutauschen – dann ist eine der wichtigsten Grundlagen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gelegt. Für Thomas Litz gibt es hier keine Kompromisse: „Erst kommen die Anliegen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Fachthemen können warten – mein Team nicht!“

Ein Tipp zum Schluss

Sie erhöhen als Führungskraft ihre Flexibilität, je größer Ihr Rollenspektrum ist, auf das Sie zurückgreifen können. Es lohnt sich, mit den unterschiedlichen Rollen zu experimentieren (natürlich immer in einem angemessenen Rahmen) und speziell innerem Widerstand auf den Grund zu gehen. Im Coaching oder in Führungskräftetrainings erleben wir oft, dass es fast undenkbar erscheint, mal nicht gleich zu entscheiden. „Dafür bin ich doch Führungskraft“ ist hier der typische Kommentar. Vielleicht ist in diesem Gespräch mit Thomas Litz deutlich geworden, welchen Nutzen es bringt, andere Rollen bewusst einzusetzen.

Wenn Sie Anmerkungen haben oder gerne Ihre Erfahrungen mit uns teilen möchten, melden Sie sich. Wir freuen uns!

Anneli Gabriel

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Bild: flow consulting